Fragt man einmal in die Runde nach Mobile Payment ist schnell klar, worum es geht: Man bezahlt mit dem Handy statt mit Bargeld. „Ich glaube, das ist, wenn man an der Supermarktkasse einfach das Handy rausholt, wie eine Bankomatkarte hinhält und eben mobil bezahlt.“
So weit so gut. Aber Mobile Payment ist nicht gleich Mobile Payment. Oft denken die Menschen dabei an NFC-Technologie, also Near Field Communication. Aber was bedeutet das eigentlich?
Wie der Name bereits sagt, geht es hier darum, dass sich zwei Gegenstände sehr nahe sein müssen, um über die genannte Technologie miteinander zu „kommunizieren“. Über kurze Distanzen (etwa zehn bis zwanzig Zentimeter) können Daten drahtlos übertragen werden. Wie beispielsweise Zahlungen bei Debitkarten wie Girocards und Kreditkarten mit einem eingebauten NFC-Chip. Häufig wird NFC für Beträge bis 20 oder 25 Euro verwendet – zuletzt konnte man aufgrund der Coronakrise bisweilen auch bis zu 50 Euro kontaktlos bezahlen. Bei Beträgen darüber sind entweder die Eingabe eines PIN, Face-ID oder auch Fingerprint notwendig um die Transaktion abzuschließen.
Mittlerweile sind auch fast alle Smartphones mit dieser Technologie ausgestattet – der eingebaute NFC-Chip macht’s möglich. Nachträglich können Smartphones und Endgeräte wie Smartwatches damit aufgerüstet werden, indem auf der Rückseite ein NFC-Sticker angebracht wird, der den Chip ersetzt. An der Registrierkasse muss das NFC-fähige Smartphone mit der installierten Bezahl-App an das Kartenlesegerät bzw. Bezahlterminal gehalten werden. Daraufhin wird der Betrag vom Girokonto abgebucht und der Einkauf bezahlt. Dieses Szenario ist jenes, an das die meisten Menschen denken, wenn es um Mobile Payment geht. Die NFC-Technologie ist zwar vor allem für die Bezahlvorgänge bekannt, kann aber auch für andere Datenübertragungen verwendet werden, wie zum Beispiel die Übertragung des Smartphone-Screens auf den Fernseher (Screen-Mirroring).
Apple Pay ist wohl der bekannteste Anbieter von Mobile Payment basierend auf der NFC-Technologie. Der bargeldlose Zahlungsanbieter funktioniert allerdings nur für mobile Apple-Produkte, wie für iPhones oder die Apple-Watch. Umgekehrt können auch Fremdsysteme nicht auf den Apple-Produkten installiert werden, da Apple für diese den NFC-Chip blockt.
Ein Code ersetzt den Chip
Einen Unterschied dazu bilden optische Bezahlverfahren, wie sie zum Beispiel Bluecode verwendet. Optische Zahlungssysteme sparen die NFC-Technologie aus und können deshalb unabhängig vom Smartphone-Hersteller bzw. Betriebssystem verwendet werden. Was bedeutet das nun im Detail?
Optische Bezahlverfahren funktionieren mittels Scan eines Barcodes oder QR-Codes am Smartphone. Im Fall von Bluecode wird hier bei jeder Nutzung ein eigener Barcode auf dem Bildschirm generiert, der jeweils nur vier Minuten gültig ist. Dieser Code wird an der Kasse hergezeigt und mit dem Scanner oder vom Kassenterminal gescannt – dabei ist es egal, wie hoch der Einkaufsbetrag ist, denn Bluecode funktioniert immer kontaktlos und damit auch hygienischer, als mit anderen Zahlungsmitteln meist möglich.
Einer der Vorteile dabei ist eben, dass die Code-Technologie auf allen Smartphones verwendet werden kann – egal ob iPhone oder Android und unabhängig vom Mobilfunkanbieter des Kunden. Der Barcode ist generell einer der weltweit erfolgreichsten Bezahlstandards – was es auch so vorteilhaft macht, ihn im Mobile Payment einzusetzen. Der Vorgang des Code-Scannens an der Supermarktkasse ist ebenso keine neuer: Barcodes zu scannen, um einen Zahlungsvorgang durchzuführen, ist der gewohnte Arbeitsprozess der Kassiererinnen und Kassierer, was wiederum den Ablauf für alle Beteiligten so unkompliziert macht.
Gutscheine, Coupons und Co. verwenden
Aber nicht nur die Flexibilität optischer Bezahlsysteme macht die Technik so nutzerfreundlich, auch die Möglichkeit für Mehrwertservices spricht für sich. Bei bargeldlosen Kartenzahlungen und NFC-basierten Zahlungen ist der Warenkorb bereits geschlossen, wenn der Kassierer oder die Kassiererin auf „unbar“ drückt. Das heißt, hier können keine Änderungen wie Bonusprogramme, Rabatte oder Gutschriften für den Einkauf mehr vorgenommen werden. Der Coupon für das Extra-Getränk müsste also separat aus der Geldbörse gesucht werden, was wiederum mehr Zeit kostet. Bluecode hingegen ist direkt im Kassensystem. Beim Abscannen des Codes vom Endgerät des Kunden können also noch etwaige Gutscheine, Stempelkarten oder Punkteprogramme abgewickelt werden. Erst danach wird der Preis des Warenkorbs final berechnet.
Der Bluecode-Scan ist also sozusagen ein „All-in-one-Scan“. Beim Abscannen eines Codes laufen im Hintergrund unglaublich viele Prozesse ab: Kundenkarten, Coupons und andere Interaktionen werden sofort mit dem Bezahlvorgang abgewickelt. Erst dann wird die Abbuchung vom Konto des Zahlers autorisiert. Dabei werden bei dem gesamten Bezahlvorgang weder sensible Daten übertragen noch auf dem Smartphone gespeichert. Außer der Hausbank des Kunden oder der Kundin kennt niemand – auch nicht Bluecode – die Identität des Nutzers bzw. der Nutzerin. Somit läuft der ganze Prozess vollkommen anonym ab. Sicherheitsbedenken können somit der Vergangenheit angehören.
Um diese Vorgänge zu ermöglichen, hat Bluecode eine ziemlich aufwändige Infrastruktur entwickelt, die die Bezahlung für die Kundin bzw. den Endkunden schnell, einfach und unkompliziert macht. Bluecode hat dafür ein eigenes Regelwerk – ein sogenanntes Payment Scheme – als europäisches Pedant zu Anbietern wie Visa und Mastercard entwickelt. Dieses Regelwerk setzt auf Bearbeitung in Echtzeit, anonymes Bezahlen und eben Mehrwertfähigkeit. Wollen Banken und Händler Teil dieses Netzwerkes sein, ist es lediglich notwendig, das Regelwerk zu akzeptieren. Verglichen mit der sonst üblichen Praxis, dass alle Partner miteinander Verträge abschließen, ist das ein vielfach geringerer Aufwand.
EMPSA – Das europäische Mobile Payment-Netzwerk
Der Bluecode-Standard ist international auf einem erfolgreichen Weg. Das zeigt auch der Zusammenschluss mit anderen europäischen Mobile Payment-Anbietern: 2019 hat sich Bluecode mit sechs weiteren Anbietern zusammengetan und die European Mobile Payment Systems Association (EMPSA) mit Sitz in Zürich gegründet. Mittlerweile ist die Vereinigung auf zwölf Mitglieder angewachsen. Ziel des Zusammenschlusses war es, ein eigenes, nach europäischen Standards entwickeltes und europaweit gültiges System für mobiles Bezahlen zu entwickeln. Damit soll als Gegengewicht eine europäische Alternative zu den amerikanischen Big Playern wie Visa oder Mastercard entstehen und etabliert werden. Aber was bedeutet das jetzt in der Praxis?
Die Mitglieder von EMPSA arbeiten daran, die Bezahlsysteme europaweit kompatibel zu machen, damit die Nutzerinnen und Nutzer auch in anderen Staaten ihre bevorzuge Mobile Payment-Lösung als Zahlverfahren verwenden können. Das Besondere daran: Die EMPSA-Mitglieder verwenden allesamt optische Bezahlsysteme, die mittels Scan eines Barcodes oder QR-Codes am Smartphone funktionieren. Diese Systeme kompatibel zu machen ist eines der wichtigsten Ziele von EMPSA – und daran wird auch mit Hochdruck gearbeitet. Bluecode ist maßgeblich an diesem Prozess beteiligt. Damit entsteht ein wettbewerbsfähiges Netzwerk von aktuell mehr als einer Million Akzeptanzstellen und mehreren hundert europäischen Banken in vierzehn Staaten. Nutzer und Nutzerinnen können mit Bluecode dann beispielsweise auch bei schwedischen, belgischen, portugiesischen oder italienischen Partnern bezahlen. Ganz einfach mit einem Scan.
Wenn man in Zukunft also in die Runde fragt, was man denn unter Mobile Payment versteht, bekommt man vielleicht bald dieses Szenario zu hören: „Mobile Payment? Das ist doch, wenn an der Kasse ein Code auf meinem Handy gescannt wird!“